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Unsere erste Gemeinwohlbilanz

von Janina | 16.10.2017

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Bildnachweis: Gemeinwohlökonomie Hamburg

Dass sich an unserem Wirtschaftsmodell früher oder später etwas ändern muss, ist mittlerweile sehr vielen Menschen bewusst. Die große Frage ist dabei viel mehr das Wie als das Ob. Im Rahmen dieser Fragestellung werden oftmals sehr theoretische Diskussionen um die Sinnhaftigkeit einzelner Maßnahmen oder gar die Möglichkeit eines umfassenden Umbruchs – wie das „Ende des Kapitalismus“ – geführt. Ein aus unserer Sicht sehr vielversprechender Ansatz ist das Konzept der  „Gemeinwohlökonomie“ (GWÖ).

Dieses Konzept basiert auf der Annahme, dass sämtliche Wirtschaftstätigkeit dem Wohl der Gesellschaft (Gemeinwohl) zuträglich sein sollte. Menschenwürde, Solidarität, ökologische Nachhaltigkeit, soziale Gerechtigkeit und demokratische Mitbestimmung sind dabei die zentralen Werte. In vielen Kulturen gibt es äquivalente Begriffe zum „Gemeinwohl“: „Buen vivir“ in Lateinamerika, „Ubuntu“ in Afrika oder „Dharma“ im Buddhismus.

Mit Hilfe von sogenannten „Gemeinwohlbilanzen“ (GWB) soll nicht nur der ökonomische Erfolg eines Unternehmens gemessen werden, sondern es findet eben auch eine umfassende Bewertung im Bezug auf die oben genannten zentralen Werte statt. Die Gemeinwohlbilanz geht dabei deutlich über das hinaus, was die meisten Zertifikate für sich alleine stehend abdecken. In vielen Unternehmen wird allgemein unter dem Begriff „Corporate Social Responsibility“ ein reines Marketing-Tool verstanden. Die GWB geht einige Schritte weiter.

Auf wirtschaftlicher Ebenen soll durch die GWB eine Möglichkeit der Vergleichbarkeit und Transparenz für Unternehmen aus verschiedensten Branchen geschaffen werden. Ziel ist es dabei auch, eine politische bzw. rechtliche Veränderung zu erwirken, bei der das Steuersystem z.B. gemeinwohlorientierte Unternehmen unterstützt und Aufträge der öffentlichen Hand bevorzugt an diese vergeben werden.

Startschuss für diesen neuen Ansatz war das 2008 veröffentlichte Buch „Neue Werte für die Wirtschaft“. 2011 wurde daraufhin die erste Vorlage zur Erstellung einer Gemeinwohlbilanz veröffentlicht. Auch die Landesregierung in Baden-Württemberg bezieht sich seit 2015 in ihrem Koalitionsvertrag auf die GWÖ. In Stuttgart haben vier kommunale Betriebe begonnen, eine Gemeinwohlbilanz zu erstellen und insgesamt haben in Deutschland bereits 250 Unternehmen eine Bilanz nach GWÖ-Kriterien erstellt. Unter anderem unsere Freiburger Nachbar*innen von der Taifun Tofu GmbH und der Outdoor-Hersteller VAUDE.

 

Die Werte und Prinzipien der Gemeinwohlökonomie

 

Auch wir haben uns Ende 2015 in den Prozess der ökonomischen Bilanzierung begeben und unser GWÖ-Testat im Frühjahr 2017 erhalten. Besonders gereizt hat uns, dass wir unsere Wirtschaftstätigkeit umfassend mit Hilfe von externen Kriterien bewerten. Mal davon abgesehen, dass wir wirklich gut abgeschnitten haben, haben uns insbesondere die zahlreichen Anregungen gefallen, in welchen Bereichen es Stellschrauben gibt, um noch nachhaltiger, sozialer und demokratischer – sprich gemeinwohlorientierter – zu werden.

Wie es im Leben manchmal ist, haben wir unterschätzt, wie viel Arbeit wirklich auf uns zukommt. Am Ende können wir aus Überzeugung sagen, dass die ca. 180 Stunden Arbeitszeit, die in die GWÖ-Bilanz geflossen sind, eine gute und nachhaltige Investition waren, die uns einmal mehr in unserer täglichen Arbeit bestätigen. Auf unserer Website findest Du unser GWÖ-Testat und die ausführliche Gemeinwohlbilanz.

Gemeinsam mit sechs anderen Unternehmen der Freiburger Regionalgruppe stellen wir das Konzept der GWÖ auf einer Pressekonferenz am 27.10.2017, um 10.00 Uhr im Rottecksaal (Rathausgasse 33) vor.

Außerdem empfehlen wir euch das tolle Gespräch des WDR mit dem 'Erfinder' der GWÖ Christian Felber.

Was haltet Ihr von dem Konzept? Könntet Ihr Euch vorstellen, dass in Eurem Unternehmen ebenfalls eine GWÖ erstellt wird?